Archiv
Group Show
Landschaft?!
Landschaften: abstrakt, ironisch, klassisch, kritisch, politisch, schwarz-weiß, verlassen, bevölkert...
Die Wahrnehmung von Landschaft ist ein komplexes Thema, das von individuellen, kulturellen und sozialen Faktoren beeinflusst wird.
Wie nehmen wir Landschaft wahr – als echte, möglichst unberührte Natur? Oder doch eher als eine wirklich durchkomponierte Realität oder vielleicht sogar als Traumwelt? Was kann und sollte Landschaft heute für uns tun? Und was für Vorstellungen gibt es über ihre Zukunft?
Die Ausstellung Landschaft?! bringt romantische Wünsche und Gefühle in den Dialog mit den Anforderungen einer modernen, globalisierten Welt und deren Regeln. Landschaft hat immer großen Wandel durchlebt, geprägt von sozialen, ideologischen und technischen Entwicklungen.
Als künstlerische Darstellung war Landschaft zudem immer auch ein Spiegelbild der jeweiligen Diskussionen über die Natur und deren Bedeutung für den Menschen. Mit der rasanten Virtualisierung unserer Welt hat sich unsere Beziehung zur Umwelt gewandelt. Seitdem sie digital navigierbar, berechenbar und auf alle erdenklichen Arten manipulierbar ist, agieren gestaltete und gebaute Landschaften wie ein Katalog voller Interpretationen von Natur, Gesellschaft, Ökonomie und Kultur.
Die 6 Künstler*innen der Ausstellung haben verschiedene Ansätze entwickelt, um sich mit diesem komplexen Thema auseinanderzusetzen.
Albrecht/Wilke (Tim Albrecht geboren 1992 in Berlin / Hannes Wilke geboren 1991 in Stade, leben und arbeiten in Berlin): Figurativ, assoziativ, subjektiv – so lässt sich der Stil des in harmonischer Zweisamkeit arbeitenden Künstlerduos charakterisieren. Zentrales Bildsujet in den Arbeiten Albrecht/Wilkes ist die Auseinandersetzung mit dem deutschen Mittelschichtsmilieu, den damit verbundenen Klischees und Insignien deutscher Nationalkultur. Currywurst, Toast Hawaii und andere Stilblüten der deutschen Kulinarik schweben über abstrahierten Landschaften, der Schokoladenpudding wird zum Berg. Das deutsche Spießbürgertum erscheint so im schillernden Gewand des Pop und lässt den Betrachter amüsiert und doch betroffen erstarren, ob der humorvollen Treffsicherheit der künstlerischen Pointe.
José Gomes (geboren 1968 in Cariacica, Brasilien, lebt und arbeitet in Köln): Der Inhalt Gomes' Arbeit konzentriert sich auf die Landschaft, das Handeln des Menschen in der Natur und das Paradox zwischen seiner Abhängigkeit von der Natur und seinen destruktiven Handlungen. Ausgehend von diesen Prämissen kann die Natur also nur als schemenhaftes Element existieren, das Ergebnis dieser Realität. Die Luftaufnahmen von Satelliten und Drohnen von Wäldern, mit ihrem wissenschaftlichen und investigativen Charakter, Fotos, die im Internet von Gemüse, Früchten, Lebensmitteln, Produkten der Erde gesammelt wurden, werden auf Papier übertragen und mit Graphitschichten in geometrischen Formen beschichtet; grafische Elemente sowohl aus der Kultur bzw. Körpermalerei der Ureinwohner als auch der politisch-wirtschaftlichen Spekulationen der Agroindustrie.
Eric Keller (geboren 1985 in Grimma, lebt und arbeitet in Dresden): Kellers Bilder haben eine Sogkraft, die man sich zunächst gar nicht so recht erklären kann. Es wird ja nichts Aufregendes gezeigt: verlassene Straßen, die irgendwo in eine ortlose Topografie führen, einsame Sitzbänke, Park- und Rastplätze, unscheinbare Nutzbauten, Bahnübergänge, Bushaltestellen, ein Garagenhof oder ein Vereinsheim, immer wieder die verblichenen Wände in aufgegebenen Kulturhäusern aus DDR-Zeiten. Auch die malerischen Mittel zielen nicht auf spektakuläre Effekte. Im Gegenteil, das Kolorit ist gedämpft und fahl, alles Ton in Ton, das ausgeblichene Violett, die erdigen Farben, viel Beige und Gelb und Braun. Zudem wird die Bildwelt von einer hauchzarten Unschärfe überzogen. Alles erscheint irgendwie abgeklärt, unspektakulär, ohne Höhepunkte. Aber genau in dieser merkwürdigen Stimmung, die sich nicht leicht in Worte fassen lässt, in dieser Aura irgendwo zwischen Banalität des Alltags und irrealer Magie liegt der große Reiz von Eric Kellers Gemälden. Viele von ihnen wirken wie eingefrorene Stills aus einem melancholischen Roadmovie, und man tut gut daran, sich auf den ruhigen Drive einzulassen.
Daniel Müller Jansen (geboren 1978 in Düren, lebt und arbeitet in Köln): Architektonische Ensembles in Südafrika Jahrzehnte nach dem Ende der Apartheid: Müller Jansen stellt die Gated Communities der wohlhabenden, vorwiegend weißen Bevölkerung den Sozialwohnungsprojekten der schwarzen Bevölkerung gegenüber. Die Unterschiede zwischen diesen beiden Milieus wurden durch ein einheitliches Verfahren der Überbelichtung und Nachbearbeitung neutralisiert. Als Inspiration für seine Südafrika-Serien diente dem Fotokünstler die Leuchtkraft und Farbigkeit des Manierismus. In seinen Südafrika-Serien nutz er die Möglichkeiten einer gezielten Überbelichtung anlogen Filmmaterials, um eine vergleichbare Leuchtkraft und Farbigkeit zu erreichen. Hierdurch werden sowohl die Künstlichkeit und Modellhaftigkeit der gezeigten Architekturen betont, als auch die Haltung und Manieren ihrer Bewohner. Auch Müller Jansens Bilder haben etwas Manieristisches und zeigen eine Gesellschaft, in der Manieren nicht nur etwas mit Anstand und Sitte zu tun haben, sondern auch mit Abgrenzung.
Catherine Seher (geboren 1958 in Paris, lebt und arbeitet in Paris): Die Gemälde von Catherine Seher sind voller Figuren, die in einer Landschaft, in der die Grenzen und Orientierungspunkte verschwinden, flüchtig eingeschrieben sind. Die anonymen Silhouetten geben uns die Vision einer zerstückelten Welt, die jedoch voller Bedeutung ist. Wir befinden uns in einem beunruhigenden Angesicht zu Angesicht. Die Malerin beschwört in ihrem Werk ein starkes Gefühl der Anonymität und Isolation herauf. Indem sie die Essenz einer bestimmten Umgebung einfängt, aus ihr aber alle Bedeutungselemente herauszieht, reduziert Seher sowohl die Kunst der Landschaft als auch der Figur auf ihr eigentliches Element und zwingt den Betrachter ihres Werkes, die Mechanik zu berücksichtigen, durch die jede Komponente des Werkes entsteht. Das Ergebnis ist ein Gesamtwerk, das die Universalität der Kunst selbst anzapft, eine anonyme Figur oder Ansicht nach der anderen.
Hideaki Yamanobe (geboren 1964 in Tokyo, lebt und arbeitet in Köln, Düsseldorf und Tokyo): Man kann nach einer gewissen Betrachtungszeit in vielen von Yamanobes Bildern Landschaftsanmutungen erkennen. Wohlgemerkt: Yamanobe malt keine Landschaften, auch nicht abstrahierte Landschaftsschemata, sondern lässt es vielmehr zu, dass die sich aus dem Malprozess ergebenden Helligkeitsschwankungen als proto-landschaftliche Elemente lesen lassen. Man könnte fast sagen, dass es dem Künstler gelingt, vage Erinnerungen oder Erinnerungsreste an landschaftliches Erleben malerisch zu artikulieren. So glaubt man manchmal, undeutliche Umrisse von Bäumen, Bergen oder auch Gebäuden im Nebel oder in dichtem Schneetreiben erkennen zu können; dies wäre die „kalte“ Lesart. Oder man kann an aufsteigenden Wasserdampf aus heißen Quellen denken; das wäre die „heiße“ Variante von Assoziationen, die sich umso eher bei Betrachtern einstellen, die mit den traditionellen, im Freien befindlichen japanischen Dampfbädern (Onsen) vertraut sind.
30.8. – 2.11.2024
Midiissage |
Samstag |
12. Oktober |
16 – 18h |
Gesonderte Öffnungszeiten |
Samstag |
2. November |
12 – 18h |
Öffnungszeiten |
Di – Fr 12 – 18h |
Sa 12 – 16h |
u. n. V. |