Albrecht/Wilke
leben und arbeiten in Berlin
Künstler-Statement
„Wir sind Maler. Wir malen, was wir sehen. Wir malen, was gut ist!“ – mit diesen Sätzen leiten wir unser Manifest „Gute Malerei“ ein. Die zunächst dreist erscheinende Parole löst sich in Abgrenzung zum Begriff der Schlechten Malerei im weiteren Manifest als humorvolles Spiel mit Klischees und ironischen Vergleichen auf, so wie wir auch mit Malerei umgehen. Unsere Bilder sind eine Verwebung formaler Elemente, kunsthistorischer Zitate und einer Menge Ironie. Wir greifen auf das zurück was uns umgibt in unserem eigenen Leben und Alltag, der Popkultur, dem Internet oder auch der Kunst- und Kulturgeschichte. Figurativ, assoziativ, subjektiv und auch abstrakt lässt sich unsere Malerei beschreiben. Zentrales Thema in unseren Arbeiten ist die Auseinandersetzung mit dem deutschen Mittelschichtsmilieu, den damit verbundenen Klischees und Insignien deutscher Nationalkultur. (Lesen Sie das Manifest hier!)
German Angst meets Toast Hawaii: Die Erscheinung der Blutwurst und andere Kuriositäten
von Sophia Schiller, M.A. Kunsthistorikerin
„Wir sind Maler. Wir malen, was wir sehen. Wir malen, was gut ist!“ – mit diesen kühnen Sätzen leitet das Künstlerduo Albrecht/Wilke sein Manifest ein, das den Titel „Gute Malerei“ trägt. Die zunächst dreist erscheinende Parole löst sich in Abgrenzung zum Begriff der Schlechten Malerei im weiteren Textverlauf als humorvolles Spiel mit Klischees und ironischen Vergleichen auf. Zum Schluss bleibt Verwirrung: Woran erkennt man sie denn nun – die sogenannte Gute Malerei?
Beim Blick auf die Arbeiten Albrecht/Wilkes präsentiert sich diese als eklektische Verwebung formaler Elemente und kunsthistorischer Spielarten mit zeitgenössischen Bildthemen, die sich aus dem Weltbild einer großstädtischen Generation Y speisen. Die beiden Anfang der Neunziger Jahre geborenen Künstler gehören jener Nachwendegeneration an, der es vermeintlich an nichts mangelt und deren größtes Problem die Wahl der richtigen Tiefkühlpizza morgens um halb elf zu sein scheint.
“Wir malen, was wir sehen” lautet der Schlachtruf und so erscheinen die surrealen Bildwelten, die sich auf Leinwand und Papier entfalten, als eine humorvolle Rezeption der eigenen Lebensrealität.
Für diese Generation der um die Jahrtausendwende Aufgewachsenen gibt es keine Grenzen mehr - weder geografisch noch ästhetisch. Und so greifen die durch das Internet, Popkultur und nicht zuletzt ihr Studium an den renommierten Kunsthochschulen in Braunschweig und Hamburg visuell geschulten Kompagnons freien Gewissens auf den Kanon der Kunst- und Kulturgeschichte des vergangenen Jahrhunderts zurück, vermengen diesen mit einer kräftigen Portion Zeitgeist und feiern - getreu dem Motto Die Malerei ist tot - es lebe die Malerei! - die Befreiung der Kunstform aus ihrem ästhetischen Korsett.
Figurativ, assoziativ, subjektiv - so lässt sich der Stil des in harmonischer Zweisamkeit arbeitenden Künstlerduos charakterisieren. Es zeigen sich diesbezüglich Parallelen zur Malweise der Neuen Wilden; eine Stilrichtung, die sich in den frühen 1980er Jahren etablierte und die im englischsprachigen Raum ironischerweise als Bad Painting bezeichnet wird. Zentrales Bildsujet in den Arbeiten Albrecht/Wilkes ist die Auseinandersetzung mit dem deutschen Mittelschichtsmilieu, den damit verbundenen Klischees und Insignien deutscher Nationalkultur. Gartenzwerge purzeln über die Minigolfbahn oder verschanzen sich hinterm Gartenzaun. Mettbrötchen, Toast Hawaii und andere Stilblüten der deutschen Kulinarik schweben über die Bildfläche. Im klassischen Kreuzstich gestickte Blumen und Zigaretten wachsen auf der Leinwand.
Das bereits im Konstruktivismus etablierte Raster strukturiert in abstrahierter Form immer wieder den Hintergrund dieser Szenen; ebenso wie ornamentale Muster, die sich bei genauem Hinschauen aus Objekten der modernen Konsumgesellschaft wie beispielsweise Duftbäumen generieren. Die Ornamentik, von Adolf Loos Anfang des 20. Jahrhundert zum ästhetischen Verbrechen erklärt, erfährt hier eine Rehabilitation als White Noise zeitgenössischer Kultur.
Doch auch Szenen des Alltags sind verewigt, in denen eine gewisse Düsterheit mitschwingt und die eine Nähe zum aktuellen politischen und gesellschaftlichen Geschehen des Landes kennzeichnen. Die Stimmung oszilliert zwischen Naivität und Beklommenheit, was durch die mit Bedacht gewählten Bildtitel ironisch unterstrichen wird. “Das totale Glück” vor einem Alpenpanorama steht so dem “Schatten über der Minigolfbahn” gegenüber und für einen Moment glaubt man sich in einem spezifisch deutschen Alptraum wiederzufinden, den man am besten kurzer Hand weglacht.
Medial setzen sich Albrecht/Wilke keine Grenzen und scheuen nicht davor zurück, klassische Ölmalerei mit Techniken wie Airbrush oder Stickerei auf der Leinwand zu vereinen. Ebenso erfährt die bei Hobbykünstlern beliebte Aquarellmalerei im jüngsten Werk des Duos ein Revival. Anstelle zarter Landschaftsszenen halten die Maler jedoch erwartungsgemäß auch in diesem Medium bevorzugt Motive wie Dackel, Arschgeweihe und diverse Leibgerichte künstlerisch fest. Ein übergroßes Tribal-Wandtattoo, Referenz an den aktuell wieder angesagten Stil der neunziger Jahre, bildet den Hintergrund für die Hängung von Arbeiten.
Das deutsche Spießbürgertum erscheint so im schillernden Gewand des Pop und lässt den Betrachter amüsiert und doch betroffen erstarren, ob der humorvollen Treffsicherheit der künstlerischen Pointe. Gute Malerei, so wird klar, mag vieles sein, im Falle Albrecht/Wilkes jedoch vor allem eine sich selbsterfüllende Prophezeiung.
Biographie
1992 / 1991
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Tim Albrecht geboren in Berlin / Hannes Wilke geboren in Stade
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2017
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Diplom Freie Kunst HBK Braunschweig (Prof. Wolfgang Ellenrieder) |
2019
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Master Freie Kunst HfbK Hamburg (Prof. Anselm Reyle) |
2022
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Berliner Projektfonds Urbane Praxis Neustart Kultur, Projektförderung Producersart, Rene Spiegelberger Stiftung, Projektförderung |
2023
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Förderung Kunststiftung Kunze |
2024
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YARW Residency Weidingen |
Ausgewählte Einzel- und Gruppenausstellungen
2024 | Landschaft?!, Galerie Biesenbach, Köln (G) Open Studios, Kühnemannstraße, Berlin (G) Between the differences, Cube, Berlin (G) Imbissnasen, Galerie Biesenbach, Köln (E, online) |
2023 | NAK Digitale Benefiz Auktion, Neuer Aachener Kunstverein, Aachen (G) ART MATERS 8, Galerie Biesenbach, Köln (G, online) Ball Berlin, Galerie Roberta Keil, Wien (G) Studio Mondial, Kurfürstendamm 47, Berlin (G) Leidkultur, Hilbert Raum, Berlin (G) Fucking Delicious Landscapes, Weserhalle, Berlin (E) The Cute Show, Expander.art, Berlin (G) Zeitenwende, Csr.Art, Berlin (G) Icebreaker-Journey, SB.Spacebetween, Nürnberg (E) |
2022 | NAK Digitale Benefiz Auktion, Neuer Aachener Kunstverein, Aachen (G) Kunst und Stollen – mit Albrecht/Wilke, Kunststiftung Kunze, Gifhorn (E) Blue Horizons – Keen Hawaii, Icebreaker, Berlin (G) Future Solos, Weserhalle, Berlin (G) Café Dreams, Herrenstraße 46, Karlsruhe (G) Die Klasse Anselm Reyle, Galerie Noah, Augsburg (G) Better call Mark, Galeria Fran Reus, Palma de Mallorca (G) |
2021 | Art Auction, Weserhalle, Berlin (G) NAK Digitale Benefiz Auktion, Neuer Aachener Kunstverein, Aachen (G) Urlaub auf Balkolonien, Owned by others, Berlin (G) Hard Times Big Taste – The modern still life from Bodegon to Imbissstillleben, Duodez, Berlin (G) Hunger/Durst, R52L, Berlin (G) Lost Weekend Meets Young Art, Lost Weekend, München (G) At A Moment In Time, Kunstverein Arnsberg, Arnsberg (G) |
2020 | NAK Digitale Benefiz Auktion, Neuer Aachener Kunstverein, Aachen (G) Carnival Ecstasy, Museum Tropicana, Berlin (E) Liebesgrüße aus Syke, Syker Vorwerk, Syke (G) Albrecht/Wilke und Franz, Gipsstraße 12, Berlin (G) Jung, Figürlich, Gutaussehend, Fabrik der Künste, Hamburg (G) Der River, Leipziger Baumwollspinnerei, Leipzig (G) |
2019 | Hiscox Kunstpreis, HFBK, Hamburg (G) Gute Malerei, Salon am Moritzplatz, Berlin (E) |
2018 | Massephase, Sprink Düsseldorf, Düsseldorf (G) Fleisch Flesh Meat, Bunkerhill Galerie, Hamburg (G) Hard Hot Hunger, Citygalerie Kunstverein Wolfsburg (G) Neue Deutsche Malerei, Raum Linksrechts, Hamburg (G) |
2017 | Gute Malerei, HBK Braunschweig, Braunschweig (E) Muße, Schloss Holdenstedt, Kunstverein Uelzen (G) |